Am 7. Juni finden gleichzeitig die Europawahlen und die Regionalwahlen statt. Beide Wahlen werden von vielen Bürgern eher als zweitrangige Angelegenheiten eingestuft, weil diese Ebenen als bürgerferne Einrichtungen eingeschätzt werden. Die erste Europawahl startete in Deutschland 1979 mit einer Wahlbeteiligung von 65,7 Prozent; die erste Regionalwahl 1994 mit einer fast identischen Beteiligung von 66,4 Prozent. Heute sind es in Europa nur noch 43 und in der Region 53 Prozent.
Es gibt eine weitere Gemeinsamkeit: Europa und die Region sind Elitenprojekte. Beide Ebenen wurden von Führungsköpfen aus Politik, Wirtschaft und Verwaltung ins Leben gerufen und werden von diesen engagiert verteidigt, während die Begeisterung der meisten Bürgerinnen und Bürger bestenfalls lauwarm ist.
Um mehr Identität und Enthusiasmus für die Region Stuttgart zu schaffen, wurde die Initiative „Forum Region Stuttgart“ ins Leben gerufen. Die letzte Veranstaltung dieser Initiative wurde selbst von der wohlwollenden Presse als abgehobene „Großkopfetenveranstaltung“ kritisiert.
Die Region muss dringend mehr Bodenhaftung bekommen: Nicht immer mehr Kompetenzen sollten an Land gezogen werden, sondern die Kernaufgaben (Wirtschaftsförderung, regionalbedeutsame Infrastruktur, Landschaftsschutz) sollten ausgebaut werden. Vertiefen statt Verbreitern muss es heißen. Wenn die Region im Kerngeschäft überzeugt, können auch die Menschen gewonnen werden. Außerdem brauchen wir Identifizierungen mit der Region, die sich nicht nur an die Führungseliten wenden. Es gibt zum Beispiel kein ausgewiesenes Wanderwegesystem der Region Stuttgart. Themenlehrpfade (zum Beispiel zur Industrialisierung), die man zu Fernwandersystemen verknüpfen kann, können Landschaftserlebnis und Wirtschaftsentwicklung miteinander verknüpfen. Dadurch würden auch gleich das Tourismusmarketing und die Wirtschaftsförderung besser verknüpft.
Kai Buschmann