Am 24. Juli 2024 habe ich nachfolgende Rede zum Ende der Wahlperiode 2019-2024 in der Regionalversammlung gehalten:

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,

sechs Minuten Redezeit für 15 Jahre Region Stuttgart. Ein kleines Detail am Rande, aber ein wichtiges: Über die Redezeit entscheidet bei uns nicht die Qualität des Beitrages, sondern die Größe der Fraktion. Warum fünfzehn Jahre? Werden Sie gleich merken. Verschwenden wir keine Zeit, und mitten rein ist Thema.

Minute 1: Rückblick auf 10 Jahre: Haben wir’s gut gemacht? Wir haben es so gut gemacht, wie wir als Versammlung konnten. Wir, da meine ich jetzt meine FDP-Regionalfraktion, hätten es manchmal gerne anders, unseres Erachtens gerne besser gemacht. Aber ohne Mehrheit geht nichts. Ein Dutzend Anträge von uns zum Ausbau der Fotovoltaik in der Region sind an den Mehrheiten abgeprallt, weil man sich in einer sonnenreichen aber windarmen Region auf Windkraft fokussiert hat. Jetzt endlich hat man die Kurve zur Fotovoltaik gekriegt. Unsere stetigen Hinweise, dass die S-Bahn-Stammstrecke auch mit ETCS-Ertüchtigung niemals die angestrebten Nutzersteigerungen schultern kann, wird konstant ignoriert, weil man den Stuttgartern den reinen Wein nicht einschenken will, dass nach der S21-Baustelle die nächste kommen muss.

Minute 2: Dank. Wir bedanken uns bei der Geschäftsstelle, bei all denen, die die Arbeit machen. Wir sehen großes Engagement und außergewöhnliche Professionalität. Wir wissen das zu würdigen, dessen können Sie sicher sein. Und wir werden die Tradition fortsetzen, uns in fünf Monaten wieder bei allen auch persönlich zu bedanken. Sie haben es verdient.

Minute 3 bis 6: Blick nach vorne auf die nächsten fünf Jahre. Damit haben wir die 15 zusammen. Regionalpolitik ist kein Zuckerschlecken. Das gilt auch für das, was auf uns zukommt. Das Modell Region und Regionalversammlung hat ein paar Kinderkrankheiten, die wir bis jetzt nicht heilen konnten. Das gilt für das Finanzierungsmodell, das auf Umlagen beruht. Das gilt für die Außenwirkung, die von dem abhängt, was in einer weitgehenden Monopolstruktur der Presselandschaft an redaktionellem Raum für Regionalpolitik bereitgestellt wird.

Ich sage mit etwas Lokalpatriotismus: Wir haben in der Region außer den Stuttgarter Zeitungen nur noch eine selbstständige Zeitung, die als aktives Korrektiv in der Regionalberichterstattung auftritt: Das ist die Ludwigsburger Kreiszeitung. Mir ist durchaus bewusst, dass ich hier von Printmedien rede. Ich sage aber auch, dass wir diese Printmedien nicht unterschätzen dürfen. Wer sich heutzutage ein Zeitungsabonnement leistet, ist unsere Zielgruppe, denn er beweist allgemein- und kommunalpolitisches Interesse. Wer in Social Media-Kanälen unterwegs ist, muss aber auch versorgt werden. Denn er ist vielleicht Leser oder Leserin von morgen und unsere Zeitungen haben eine Zukunft verdient. Gute Aufschläge sind im letzten Jahr von der Geschäftsstelle gemacht worden, die nächsten fünf Jahre müssen hier konsequent Steigerungen vorgenommen werden.

Die Versammlung möchte ich bitten, offensiver die Unterschiede herauszuarbeiten. Die Regionalversammlung steht zwischen einem Gemeinderat mit vorherrschendem Konsensmodus und einem Parlament mit Regierung-Opposition-Konfrontationsmodus. Manchmal ist mir hier zu viel Gemeinderat. Die Menschen in der Region müssen wissen, wo die Unterschiede zwischen den politischen Gruppen liegen. Erst dann macht der Gang zur Regionalwahl für sie Sinn. Die Differenz ist auch der Stoff, aus dem Medien ihre Nahrung ziehen. Nicht nur die Geschäftsstelle, sondern auch die Versammlung kann etwas für mehr Wahrnehmung in den Medien tun.

Das muss nicht durch Krakeel erreicht werden: Die letzten 15 Jahre habe ich bei vielen Gelegenheiten mit Christoph Ozasek von der Linke/Pirat-Fraktion die Klingen gekreuzt. Politisch stehen wir sehr weit entfernt voneinander. Aber wir haben diesen Schlagabtausch mit Respekt voreinander hingekriegt, sind durchaus bissig gewesen, aber – ich meine und hoffe – nie persönlich verletzend. Lieber Christoph, ich werde das vermissen.

Der Fall Ozasek zeigt auch, dass wir ein völlig bescheuertes Regionalwahlgesetz haben, weil der Wählende nicht die Leistungen des Einzelnen bewerten kann, sondern selbst Gummibären gewählt würden, wenn nur die Liste ihre Kreuzchen bekommt. Nichts gegen Gummibären. Aber unsere Regionalversammlung ist dafür zu schade. Wir sind die einzige Region, wo das Wahlvolk eine Stimme hat, wenn es um ihr Schicksal geht. Wir brauchen deshalb ein Präferenzstimmen-Wahlsystem, in dem der Wähler auf der Liste Prioritäten setzen kann. Auch das steigert die Wahrnehmung.

Die Landtagswahlen stehen demnächst vor der Tür. Wir müssen das Thema Region und die Reform des zugrundeliegenden Gesetzes zum Thema machen. Es wird Zeit, dass aus dem Rollstuhl, in den die Region gesetzt wurde, ein Rennwagen wird: Das betrifft die Steuerfinanzierung (statt Umlagen), das Wahlrecht, aber auch den regionalen Bürgerentscheidung zu regionalbedeutsamen Gewerbegebieten. Bei Cellcentric in Weilheim haben wir beim Bürgerentscheid Glück gehabt. Im anschließenden Einsatz für Cellcentric hat der Verband und die WRS eine sehr gute Leistung gezeigt. Wir haben geliefert und hoffen, Cellcentric wird das auch tun. Und das kann erst der Anfang sein, denn den Strukturwandel in der Region Stuttgart aktiv begleiten, ist die Zentralaufgabe des Verbandes in den nächsten fünf Jahren. Als die amerikanischen Präsidenten noch fit und zukunftszugewandt waren, hat mal einer gesagt „It’s the economy, stupid“ und so sehen wir das für die Zukunft der Region Stuttgart auch.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit

Wo steht die Region Stuttgart?

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