Am 23. Oktober 2024 habe ich nachfolgende Rede zu Beginn der Haushaltsplanberatungen 2025 in der Regionalversammlung gehalten:
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,
der Wohlstand der Menschen in der Region Stuttgart ist das Werk von Ingenieuren, Erfindern, Forschern und Unternehmern. Deswegen stehen wir im Innovationsatlas des Instituts der Deutschen Wirtschaft (2023) auf Platz 1. Und werden gelobt. Ich zitiere: „Wer die innovativste Region des ganzen Landes sucht, wird im Raum Stuttgart fündig. Die Hauptstadt Baden-Württembergs führt mit Nachbarkreisen das Ranking des Innovationsatlas an. Seit 2013 steigen dort die Ausgaben für Forschung und Entwicklung, was sich offensichtlich auszahlt: Nirgendwo in Deutschland werden so viele Patente angemeldet wie im Raum Stuttgart.“
Wir werden gelobt? Wir müssen ein Fragezeichen daran machen und sollten uns als Gremium nicht zu schnell auf die Schultern klopfen. Zuweilen haben auch Politiker daran einen Anteil, aber eher im Sinne von „Ein blindes Huhn findet auch mal ein Korn“. Im Regelfall richten Politiker viel Schaden an, weil sie meist besser zu wissen meinen, was für die Menschen gut ist, besser als Ingenieure, Erfinder, Forscher und Unternehmer, die stets ihren Kunden im Auge haben und schnell durch Umsatzeinbrüche bestraft werden, wenn sie sich irren.
Das Ergebnis bei politischer Trendsetzung ist häufig eine Katastrophe. Politik setzt leicht auf die falschen Pferde oder überfordert die richtigen Pferde hinsichtlich ihrer Leistungsfähigkeit. Das kann man bei der Diskussion um den Verbrennermotor gerade live beobachten.
Solche Fehler sollten wir nicht machen: Um auf die richtigen Pferde zu setzen, sollten wir nicht irgendwelchen Bauchgefühlen folgen, sondern uns genau kundig machen, in welche Richtungen sich die Innovationen in der Region entwickeln. Deshalb unserer Antrag Innovationsatlas.
Wir sollten uns auch nicht einbilden, dass wir mit unseren Förderprogrammen einen großen Hebel haben, um die Wirtschaft in der Region in eine bestimmte Richtung zu lenken. Mehr als ein paar Leuchtturmprojekte – die ich im Moment nicht mal sehe – sind nicht drin.
Was wir aber tun können ist, die Rahmenbedingungen zu verbessern: Eine verbesserte betriebliche Kinderbetreuung in der Region ist die beste Wirtschaftsförderung, die sich denken lässt, denn sie bekämpft entscheidend die Fachkräftelücke und überlässt es den Menschen, wo sie arbeiten. Die bessere Zurverfügungstellung von Kapital ist ebenfalls ein wesentlicher Baustein. Das eine haben wir durch einen Antrag zur Betriebliche Kinderbetreuung abgedeckt, denn wir wollen, dass mehr Frauen in der Region eine Arbeit aufnehmen bzw. mehr arbeiten können. Für die AfD ist Berufstätigkeit von Frauen in ihrem Antrag „Belastung und Stress“, für uns ist sie „Erfüllung und Wahlfreiheit“. Das Thema Kapital haben wir in den Anträgen auf die Entwicklung einer Finanzmarktplattform und ein Konzept für einen Infrastrukturfonds abgedeckt, der die Investitionen in der Region mitfinanziert.
Wir haben den Haushalt gründlich durchforstet und haben auch Einsparungsmöglichkeiten gefunden, wie der Antrag zeigt, die Expressbus-Mittel für Öffentlichkeitsarbeit zu senken. Wir wollen, dass die Projekte, die wir heute anstoßen, morgen auf eigenen finanziellen Füßen stehen und nicht weiter am Tropf öffentlicher Förderung hängen.
Wir sollten auch innovative Schritte in der Bürgerbeteiligung gehen. Nicht zu warten, bis irgendein Wutbürger auf die Barrikaden ruft, sondern faktenbasierte Diskussionen anregen, das ist die Idee. Bürgerbeteiligung über eine „Quartalsumfrage RegioTrend“ in Medienkooperation mit den Stuttgarter Zeitungen und dem SWR ist aus unserer Sicht dafür eine attraktive Lösung.
Meine Redezeit ist beschränkt, ich kann nicht auf alle unsere 16 Anträge und die beiden fraktionsübergreifenden eingehen. Nur drei Schlaglichter: Erstens möchte ich Ihnen den anstehenden Ausbau der Videoüberwachung in der S-Bahn ans Herz legen, der Beschleunigung verdient. Und ich tue das, obwohl die FDP die Datenschutzpartei ist. Aber in diesem Fall würde zu viel Datenschutz den Falschen helfen. Um es klar zu sagen, Straftäter in den S-Bahn müssen schnell überführt werden. Die Technik gibt heute viel her, was das Sicherheitsgefühl massiv steigern und die Nutzungsbereitschaft ausweiten kann.
Schlaglicht zwei ist der Verweis auf die fraktionsübergreifenden Anträge, die wir mitzeichnen. Das zeichnet demokratische Gremien aus: Wir können auch gemeinsame Anträge stellen. Eine Nordost-Umfahrung Stuttgarts in Form des „Grünen Tunnels“ ist sehr wichtig, denn in der letzten Wahlperiode hat dieses Gremium sich einer zweiten Stammstrecke für die S-Bahn verweigert. Damit ist klar, dass selbst mit ETCS nur eine begrenzte Leistungssteigerung der S-Bahn in Stuttgart möglich ist und uns gar nichts anderes übrig bleibt, als auch das Straßennetz an entscheidenden Stellen weiter zu entwickeln.
Hierzu passt Schlaglicht drei: Ein realistischer Blick auf die Verkehrsinfrastruktur. Dass die Regionalversammlung sich im Dezember 2023 zu einer Resolution zum Ausbau der Neckarschleusen hinreißen ließ, ist eine der größten politischen Fehlleistungen des Gremiums seit seiner Gründung. Die CDU ist heute mit ihrem Antrag, dieses Pferd erneut zu reiten, weiter in den Abgrund getappt. Wie kann man Milliardeninvestitionen fordern für ein Projekt ohne Business-Case? Das Mindeste, was wir erwarten, ist alle geplanten Veranstaltungen inklusive den Faktencheck auf Stopp zu stellen bis wissenschaftliche Untersuchungen vorliegen. Wir schlagen vor, die für 2025 eingeplanten 25.000 Euro für diesen Faktencheck zu streichen und die Ergebnisse der Potenzialanalyse für eine strategische Neuausrichtung zur Nutzung des Neckars abzuwarten, mit der die Hochschule Heilbronn beauftragt wurde. Welche Rolle dabei die Schleusengröße spielt, bleibt abzuwarten. Fest steht, dass sich in der Binnenschifffahrt längst neue Schiffsgrößen und Verbundsysteme durchsetzen, weil Größe ein Problem wird, wenn klimabedingt der Wasserspiegel im Sommer sinkt.
Die Geschäftsstelle des Verbandes hat mit dem von Dr. Lahl vorgestellten Haushaltsplanentwurf eine wirklich hervorragende Vorarbeit geleistet, für die wir uns als Fraktion herzlich bedanken. Insbesondere auch beim Vorbereitungsteam um Herrn Mattlinger. Ich wünsche uns in den nächsten Wochen konstruktive Beratungen und weise Entscheidungen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit
Die Haushaltsanträge der FDP-Fraktion:
- Deutschland-Plattform der Verkehrsverbünde – technische und organisatorische Fortschritte austauschen
- Entwicklung einer Finanzmarktplattform für die Region Stuttgart
- Expressbus-Mittel für Öffentlichkeitsarbeit senken
- Konzept Flughafen Stuttgart zum europäischen Hub ausbauen
- Konzept für einen regionalen Infrastrukturfonds
- Zisch – Medienprojekt Zeitung in der Schule fördern
- Zusammenlegung der Tarifverbünde
- Betriebliche Kinderbetreuung zur Schließung der Fachkräftelücke in der Region Stuttgart
- Leitfaden für Natur- und Waldkindergärten anbieten
- Ehrenamtliches Nachfolgeprojekt für das Sonderprojekt „Jüdisches Leben in der Region Stuttgart“
- Regionale Bürgerbeteiligung über Quartalsumfrage RegioTrend in Medienkooperation
- Faktencheck Neckarschleusen für 2025 streichen – Schleusengipfel für 2026 planen
- Kostenrisiken beim Ausbau des S-Bahn-Angebotes durch Controlling minimieren
- Videoüberwachung in und für die S-Bahn erneuern und ausbauen – Sicherheitskonzept vorlegen
- Entwicklung eines Innovationsatlas für die Region
- Entwicklung eines religionenübergreifenden Forums in der Region Stuttgart