ceterum censeoAm 6.11.2017 habe ich nachfolgende Rede zur Verabschiedung des Haushalts 2018 in der Regionalversammlung gehalten:

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,

die FDP-Regionalfraktion wird diesem Haushalt zustimmen. Wir tun das mit einem Lächeln auf dem Gesicht, weil wir uns freuen, dass viele unserer Anliegen nach den Abstimmungsergebnissen gemeinsame Anliegen der Regionalversammlung geworden sind. Ich nenne „IBA und Landschaftsparkprogramm“, Ringen um Gelder des Mobilitätsfonds, Verlängerung der S2 ins Neckartal, Fotovoltaikregion oder Gewerbeflächenentwicklung.

Wir tun es aber auch mit einem Grinsen auf dem Gesicht, weil man sich manche Entscheidungen und die Sätze, die ihnen zugrunde liegen, einfach auf der Zunge zergehen lassen muss, wie beispielsweise diesen Satz hier: „Die Kontrollen in den Zügen werden erschwert.“ Dabei, wir erinnern uns, wollten wir erreichen, dass Handynutzer nach dem Durchschreiten der S-Bahn-Tür noch ein Ticket lösen dürfen. Jetzt dürfen sie es nicht. Ist das kundenfreundlich? Ist es rechtlich haltbar? Na ja, das wird sich wohl dann klären, wenn es mal gerichtlichen Krach mit einem Kunden gibt. Und Krach wird es geben, das lässt sich aus der aktuellen Nachrichtenlage ablesen. Nicht nur, weil die Fahrkartenautomaten des VVS museumsreif sind, sondern auch, weil der VVS nicht der einzige Verbund mit Handytickets ist. Dummerweise hat sich der BVG ausgerechnet einen Redakteur der Bild-Zeitung ausgesucht, um die dortige Regelung, das Handyticket muss in Berlin zwei Minuten vor Fahrtantritt gekauft sein, zu exekutieren und den Bild-Mitarbeiter als Schwarzfahrer zu überführen. Dass der BVG im Moment in der Berliner Presse nicht gut aussieht, ist die Folge. Mit dem Minutenzähler im Berliner Handyticket wäre das kundenfreundlich zu lösen gewesen und auch bei uns könnte man eine Zählerregelung treffen – will man aber nicht. Wir bedauern das.

Wir stimmen dem Haushalt auch mit einem Kopfschütteln zu. Manchmal ist unserer Fraktion im Zuge der Antragsdebatte durchaus das Lächeln vergangen: Dass der Fraktionsvorsitzende der SPD die FDP gefressen hat, damit können wir gut leben. Aber warum er das auf dem Rücken von Behinderten und Senioren und noch dazu in seinem Regional-Wahlkreis Rems-Murr austragen muss, bleibt sein Geheimnis. Insbesondere von der SPD hätten wir uns eigentlich klare Unterstützung für schnellere Barrierefreiheit bei der S-Bahn und das Anliegen erwartet, zu prüfen, ob sich die Bahnsteigerhöhung in Rommelshausen mit der in Stetten-Beinstein kombinieren lässt, um weitere Unfälle und zum Teil schwere Verletzungen bei S-Bahn-Passagieren zu vermeiden und dabei noch Geld zu sparen.  Dabei ist es auch korrekt, dass der FDP-Landtagsabgeordnete und ehemalige Regionalrat Jochen Haußmann das Thema ununterbrochen voran treibt und die FDP-Regionalfraktion ihn dabei unterstützt. Aber was einen Sozialdemokraten dazu veranlasst, dieses Engagement in öffentlicher Sitzung zu kritisieren, bleibt dessen Geheimnis: Wir können jedenfalls nichts dafür, dass die SPD keine Landtagsabgeordnete im Wahlkreis mehr hat. Aber wir können uns jetzt denken, wieso das so ist.

Es gibt noch einen zweiten Grund für ein Kopfschütteln: Die Frage bleibt, ob die Mehrheit in diesem Gremium die Zeichen der Zeit in puncto Öffentlichkeitsarbeit und nächste Regionalwahl erkannt hat. Oder ob der Begriff „Digitalisierung“ zwar im Mund geführt wird, aber nicht im Denken angekommen ist.  Aus unserer Sicht bleibt vom gern beschworenen Begriff „Innovation“ viel zu oft nur das „no“ in der Mitte übrig. Das „Nein“ zum Ausbau der Öffentlichkeitsarbeit, aber auch das „Nein“ dazu, unsere Arbeit als Regionalversammlung auf den Prüfstand zu stellen. Das wird sich rächen. „In der Vergangenheit hat eine öffentliche Diskussion stattgefunden, die gezeigt hat, dass das bisherige Modell als zukunftsfähig angesehen wird“, heißt es in der Stellungnahme der Verwaltung zu unserem Antrag, das Wahlrecht für die Regionalversammlung einer Prüfung zu unterziehen. Für meine Fraktion darf ich dazu feststellen: Wir sehen das bisherige Modell nicht als zukunftsfähig an. Dass die Verbandsgeschäftsstelle sich inzwischen nicht mehr traut, eine Arbeitsgruppe zum Wahlrecht vorzuschlagen, wie sie selbst es 2014 noch getan hat, spricht Bände.

Und ich darf deshalb zum Abschluss meine Rede mit Blick auf die kommende Regionalwahl wiederum sagen: Es geht Ihnen einzig und allein darum Ihre Mandate zu behalten. Und das garantiert Ihnen das Listenwahlrecht. Aber wenn wir es in dieser Amtszeit nicht geschafft haben, dieses antiquierte Wahlrecht abzulösen, dann versuchen wir es in der nächsten Regionalversammlung wieder. Denn dass sich 2019 die Mehrheitsverhältnisse deutlich verschieben werden, glauben wir. Und dann gilt von Neuem:  „Im Übrigen bin ich der Meinung, dass das Listenwahlrecht abgeschafft werden muss“ (Ceterum censeo ius electionis tabularum delendum esse).

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Bleibt bei Innovation nur das „no“?

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