Am 23. September 2020 habe ich nachfolgende Rede in der Regionalversammlung gehalten:

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,

zunächst ein großes DANKE an Dr. Rüdiger Stihl, Hermann Grub und die vier die Planung tragenden Unternehmen Lapp, Stihl, Trumpf und Bosch. Sie haben neue Dynamik in die Diskussion gebracht und es mehr als verdient, dass wir uns in der Region ernsthaft mit dem Konzept „Landschaftsmodell Nord-Ost-Ring“ auseinandersetzen.

Leider sind die Reaktionen der Nord-Ost-Ring (NOR)-Gegner reflexhaft: Sie sitzen in ihren Ideologiegräben verschanzt. Sie ignorieren, dass mit der Tunnellösung das zentrale NOR-Gegnerargument des Landschaftsverbrauchs wegfällt. Es ist offensichtlich, dass es gar nicht mehr um die Diskussion einer optimalen Verkehrslösung für Mensch und Wirtschaft geht, sondern um einen Symbolkampf um ein anderes Land.

Der NOR ist das deutsche Straßenbauprojekt mit dem höchsten verkehrlichen Nutzen. Befürworter wie ich argumentieren deshalb: Wenn in Deutschland eine neue Straße gebaut werden soll, dann doch diese. Die Gegner denken: Gelingt es uns diese Straße zu verhindern, dann haben wir dem Straßenbau in Deutschland generell den Todesstoß zugefügt.

Dabei schrammen wir mit Corona gerade haarscharf daran vorbei, dass der Todesstoß die ganze Region trifft. Wir wollen aber keine postindustrielle Region Stuttgart. Wir wollen hohe Lebensqualität durch florierende Wirtschaft.

Dabei gelten folgende Fakten: Die Menschen im Nordraum Stuttgarts leben in einer Zone des täglichen Verkehrsinfarkts, weil die leistungsfähige West-Ost-Verbindung fehlt. Insbesondere Remseck quält sich mit dem Verkehr und wird vom Verkehr gequält. Es ist Wunschdenken, dass die Mobilitätsbedürfnisse von 1,6 Millionen Pkw-Besitzenden in der Region mit Fahrradschnellwegen und per ÖPNV erfüllt werden können. Es ist Wunschdenken, dass der tägliche Transport- und Lieferverkehr mit Lastenrädern und der Stadtbahn erfüllt werden kann.

Wir sehen auch: Eine Stadtbahn durch den Landkreis Ludwigsburg – und eines Tages verlängert nach Waiblingen – kann ein Baustein in einem Bündel von Verkehrsangeboten sein, aber nicht die Alternativlösung zum NOR. Und manche Alternativen funktionieren nicht. Wir haben noch zehn Prozent Kapazität in der S-Bahn und dann? Wir bauen die Schusterbahn aus, das spart ein paar Pendler. Die macht die Region Ostwürttemberg mit Amazon-Lieferwagen nach Stuttgart locker wett, wettert aber gegen den Nord-Ost-Ring.

Seien wir ehrlich: Wir können wirtschaftlich ohne Straßen nicht leben. Wir brauchen ökologisch verträgliche Lösungen. Alle müssen dem Kirchturmdenken endlich entsagen. Als Remsecker Stadtrat habe ich die Präsentation von Dr. Stihl im Remsecker Rat mitverfolgt. Die Stimmen waren durchweg zugewandt. Selbst die NOR-Gegner haben erklärt, dieses Modell müsse ernsthaft geprüft werden. Enttäuscht war ich darüber, was in der Presse zu derselben Präsentation im Fellbacher und Kornwestheimer Gemeinderat zu lesen war.

In Remseck steht am 15. November der Bürgerentscheid zur Westrandbrücke an. Sie ist vom Verkehrsministerium als heimliche Ersatzlösung für den NOR konzipiert worden. Den Bürgerentscheid habe ich mit meiner Fraktion im Gemeinderat gegen erheblichen Widerstand erkämpft. Das ist ein großer Erfolg, denn den Planenden wurde klar, ihre ursprünglich beabsichtigte Monsterbrücke würde keine Chance haben. Sie präsentierten am 27. Mai eine abgespeckte zweispurige Neckarquerung. Über diese ließe sich reden, hätte der Verkehrsminister nicht beim Fakten-Check zum NOR erklärt, dass statt des NOR „kleinräumige Lösungen“ für den regionalen Verkehr wie die Remsecker Westrandbrücke gebraucht würden.

Er sieht die Westrandbrücke also weiterhin als regionale Ersatzlösung für den NOR. Das hat den Remsecker Befürwortern der Westrandbrücke, die unablässig erklären, die Brücke habe mit dem NOR nichts zu tun, natürlich gar nicht gefallen. Bei seinem Besuch in Remseck Anfang des Monats hat der Minister nun laut Presse das Gegenteil seiner Worte vom Faktencheck erklärt (LKZ 10.09.2020): „Diese Brücke ist kein Bollwerk gegen den Nord-Ost-Ring oder ein Ersatz dafür“. Ich gehe davon aus, dass er von interessierter Seite dringend um diese Äußerung gebeten wurde.

Dr. Rüdiger Stihl präsentiert das Landschaftsmodell in der Regionalversammlung

Liebe Kolleginnen und Kollegen, unsere Fraktion hat heute den Antrag vorgelegt, zu prüfen inwiefern der Minister gültige Beschlüsse dieser Versammlung bezüglich des NOR blockieren darf. Mit der Planung des NOR muss jetzt begonnen werden. Notfalls muss das Ministerium gezwungen werden. Aber Minister Hermann kann es viel leichter haben: Wenn er vor dem 15. November verbindlich und öffentlich erklärt, dass mit den Planungen für den NOR begonnen wird, folgt er nicht nur dem Willen der Regionalversammlung, er kann den Bürgerentscheid zur Westrandbrücke in Remseck entscheidend beeinflussen und den Weg frei machen für eine gemeinschaftliche Lösung. Und die wollen doch alle. Oder nicht?

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

 

Landschaftsmodell Nord-Ost-Ring ernsthaft prüfen und mit Planung beginnen

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