2015-05-10 NtZ BuschmannAm 10. Mai 2014 erschien in der Nürtinger Zeitung nachfolgender Artikel von Jürgen Gerrmann:

REGION –  „Das Kirchturmdenken überwinden“

Regionalwahl: FDP-Spitzenkandidat Kai Buschmann über die Ziele der Liberalen für die nächste Wahlperiode

Für ihn war’s wohl ein Déjà-vu-Erlebnis: Am Wendlinger Robert-Bosch-Gymnasium hatte er Abitur gemacht und dann Anfang der 80er-Jahre für unseren Kollegen Herbert Ankele Artikel für die Wendlinger Zeitung geschrieben. Nun kam Kai Buschmann freilich nicht als freier Mitarbeiter in unsere Redaktion. Sondern als Spitzenkandidat der FDP für die Regionalwahl am 25. Mai.

Der Leiter der Degerlocher Waldschule führt schon jetzt die liberale Fraktion im Regionalparlament an. Die zählt acht Köpfe – so stark war die FDP noch nie. Und es wird nicht leicht werden, diese Position zu halten: „Vor fünf Jahren war die bundespolitische Situation für uns sehr günstig“, sagt Buschmann. Heute ist eher das Gegenteil der Fall.

Dennoch will der 51-Jährige die Flinte nicht von vornherein ins Korn werfen. „Wir waren ein Aktivposten in dieser Regionalversammlung“, zeigt er sich überzeugt. Nicht zuletzt, weil man sich dafür eingesetzt habe, die planerischen Vorgaben mit der Realität in Einklang zu bringen: „Der Regionalplan soll für die Menschen da sein – und nicht die Menschen für den Regionalplan.“

Entlang der A 81 in Richtung Heilbronn bestehe zum Beispiel ein großer Bedarf an Gewerbeflächen: „Die Abwanderung in die Region Franken muss gestoppt werden.“ Auch die Region Neckar-Alb betreibe nicht zuletzt im Raum Metzingen eine Laisser-faire-Politik, während die Stuttgarter Regionalverwaltung viel zu streng sei (worunter nicht zuletzt das Altenrieter Möbelhaus Fenchel gelitten habe): „Man darf nicht alle Flächen über einen Leisten schlagen, sondern muss am Rande der Region auch die Konkurrenzsituation zu den Nachbarn sehen.“

Auch sei das Ziel, großflächigen Einzelhandel nur in den Ortszentren zuzulassen, im Prinzip richtig: „Aber wenn in kleineren Gemeinden gar keine Grundversorgung mehr da ist, muss man halt flexibel sein.“ Das gelte auch für die Debatte um das Steinhilber-Areal an der Nürtinger Max-Eyth-Straße: „Wenn man dort nichts zulässt, bleiben die Leute dennoch nicht in der Stadt, sondern fahren dann halt nach Metzingen.“

Apropos Fahren – Buschmann möchte in der Region sowohl Straße als auch Schiene entwickeln: „Was den Nahverkehr anbelangt, kann ich keine Prinzipienreiterei betreiben wie die CDU auf der einen und die Grünen auf der anderen Seite.“

Wegen des großen Erfolgs des Nahverkehrs bestehe im Herzen der Region ein Engpass. Es sei nicht gut, dass sämtliche S-Bahn-Linien durch den Flaschenhals am Hauptbahnhof müssten. Besserung verspricht sich Buschmann da durch Stuttgart 21, durch das sogenannte Metropol-Express-Züge schnelle Verbindungen schaffen könnten.

Vonnöten sei aber auch ein optimales Netz für Fahrräder und Pedelecs. Da kenne er sich aus: „In der warmen Jahreszeit fahre ich jeden Morgen 25 Kilometer mit dem Rad von meinem Wohnort Remseck zur meiner Schule nach Degerloch. Und abends wieder zurück.“

Die Region München ist für ihn Vorbild, was die Lösung von Verkehrsproblemen anbelangt. Dort sei schon vor 20 Jahren ein funktionierendes Park-and-ride-Konzept installiert worden: „Gesponsert von BMW. Das wünsche ich mir auch hier, wo wir ja auch namhafte Automobilbauer haben.“ Anders könne man nämlich die Verkehrsprobleme am mittleren Neckar nicht mehr in den Griff kriegen.

So wichtig die Wirtschaft sei, so sehr brauche man auch Menschen, die gern in der Region lebten. Daher gelte es, Freiflächen zu schützen und zu verhindern, dass sich der Siedlungsbrei immer mehr ausbreite: „Wir stehen zu den regionalen Grünzügen und Grünzäsuren. Aber auch hier muss man den Einzelfall betrachten.“ Und daher bekennt er sich dazu, dass sieben von acht Regionalräten der FDP der Biogasanlage im Großbettlinger Gatter wegen deren Bedeutung für die Energiewende ihren Segen gegeben hätten: „Wir waren die Einzigen, die da so klar Position bezogen haben.“

Die Energieversorgung der Region sei indes aufgrund deren industrieller Prägung stark grundlastabhängig: „Dazu können aber Biogas, Wasserkraft und Geothermie nur einen geringen Beitrag leisten.“ Im Moment müsse man am mittleren Neckar daher wohl auf Kohle und Gas setzen. Die 90 Windkraft-Standorte in der Region, über die diskutiert werde, seien einfach zu viel.

Trotz ihrer Bedeutung für das Ländle müsse die Region auch über den Tellerrand hinausschauen: „Wir brauchen ein gemeinsames Auftreten gegen München und Frankfurt.“ Die Lösung könne da die Metropolregion sein: „Stuttgart plus Neckar-Alb, Franken, Nordschwarzwald und Ostwürttemberg.“ Immerhin hätten die sich mittlerweile ja schon auf ein Metropolticket für den Nahverkehr geeinigt.

Das Kirchturmdenken in der Region gehöre überwunden. Wie das zum Beispiel im Tourismus vorbildlich gelungen sei: „Armin Dellnitz, der Chef dort, macht wirklich gute Arbeit. Anders als früher. Eben zielgruppenorientiert. Jetzt muss nicht mehr jede Mühle an jedem Bach in den Prospekt.“ Und daher solle auch die Kulturregion künftig auf Leuchtturmprojekte setzen, statt mit der Gießkanne zu fördern. – Was die Freien Wähler propagierten, sei aus seiner Sicht kein probates Mittel, um die Region voranzubringen: „Die denken ausschließlich von der Kommune her. Da steht der Kirchturm doch sehr im Vordergrund.“

www.kai-buschmann.eu, www.fdp-fraktion-region-stuttgart.de

Das Kirchturmdenken überwinden

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