Am 1. Oktober 2014 war es um 16.45 Uhr mal wieder in Stuttgart soweit. Ein metallbeschichteter Luftballon verirrte sich im S-Bahn-Innenstadttunnel, löste in der Oberleitung einen Kurzschluss aus und legte den gesamten S-Bahn-Verkehr in der Region Stuttgart lahm, da sich alle sternförmig verlaufenden S-Bahn-Linien durch dieses zentrale Nadelöhr zwängen müssen. Ballonschaden kommt in der Volksfestzeit in Stuttgart öfters vor: Am gleichen Tag um 18.45 Uhr schoss die Polizei einen weiteren Heliumballon im Hauptbahnhof mit einer Luftdruckpistole ab (mehr hier). Die Folge: Für Tausende von Menschen verzögert sich die Fahrt nach Hause, zum Freizeittermin oder zur Arbeit erheblich. Es brauchte bis zum nächsten Morgen, um den Schaden an der Oberleitung zu beheben. Ein Bahnsprecher verwies lapidar auf die Hausordnung am Hauptbahnhof, in der es heißt: Das „Mitführen von metallbeschichteten Luftballons“ ist nicht gestattet und meinte: „Wir gehen davon aus, dass die Kunden die Hausordnung kennen.“ Sie hänge an den Gebäudeeingängen und sei „eigentlich nicht zu übersehen.“
Schuldbewusst und in der Annahme, dass ich – außer den Luftballontätern – möglicherweise der einzige Mensch bin, der die Hausordnung des Bahnhofs vor dem ersten Betreten nicht studiert hat, habe ich mich heute Morgen um 7 Uhr auf die Suche nach der Hausordnung im Bahnhof gemacht. Tatsächlich traf ich Trauben von Menschen an. Meine Erwartung, dass diese andächtig die an der Wand angeschlagene Hausordnung studieren, wurde allerdings nicht bestätigt. Die unzähligen Augenpaare waren auf die Sortimente von Bäckershops gerichtet und auf ein Frühstück aus. Die Hausordnung hing achtlos in der Ecke. Dort findet sich tatsächlich unter 30 Ver- und Geboten an 16. Stelle kleingedruckt auch das Luftballonverbot. : „Wir gehen davon aus, dass die Kunden die Hausordnung kennen“???
Bei der heutigen Sitzung des Verkehrsausschusses des Verbandes Region Stuttgart, dem Aufgabenträger der S-Bahn, habe ich das Problem angesprochen: Im wasennahen Cannstatter S-Bahnhof weisen immer wieder Durchsagen auf das Luftballonverbot hin, Bahnmitarbeiter sprechen Luftballonträger an und versuchen die Ballons frühzeitig abzufangen. Wer mit der „Volksfestlinie U11“ aber vom Wasen via Hauptbahnhof und S-Bahn Heim fährt, unterliegt anderen Bedingungen: In der Aushanghausordnung der SSB für die Stadtbahn steht kein Luftballonverbot. Selbst wenn man die Hausordnung studieren würde, fände man keinen Hinweis. Hier hilft wohl nur eins: Deutlich sichtbare und große Hinweisschilder im Hauptbahnhof während der Volksfestzeit. Die Verbandsverwaltung will sich nun kümmern.