In Löchgau überzieht die Region vollständig: Vorbildlich hat die Gemeinde vor Jahren einen Edeka-Markt in die Ortsmitte geholt und genau das getan, was die Region fördern will: die Ortsmitten erhalten und aufwerten. Nun ist dieses Konzept in Löchgau an seine Grenzen geraten, denn der Markt kann in der Ortsmitte nicht mehr erweitern. Der Betreiber findet entweder einen neuen Standort in Löchgau oder will seinen Markt in der Gemeinde aufgeben. Löchgau hat einen umfangreichen Suchlauf durchgeführt, ist in der Ortsmitte aber zu keinem positiven Ergebnis gekommen. Der Bürgermeister hat am 11. April 2011 extra die Mitglieder des Planungsausschusses der Region vor Ort eingeladen und ausführlich über den vergeblichen innerörtlichen Suchlauf informiert. Ich habe mir für diesen Vor-Ort-Termin Zeit genommen und anschließend auch noch mit einer Gemeinderatsfaktion Kontakt aufgenommen, um mir die Thematik auch aus der Perspektive des Rates schildern zu lassen. Ergebnis: Nichts wäre den Löchgauern lieber als ein vergrößerter Lebensmittelmarkt in der Ortsmitte. Aber es hat sich trotz umfangreicher Suche keine finanzierbare Möglichkeit gefunden. Deshalb favorisiert die Kommune schweren Herzens einen Standort im noch ortskernnahen Gewerbegebiet. Die Alternative für Löchgau lautet für Bürgermeister und Räte: Keinen Lebensmittelmarkt mehr oder einen in 800 Meter Entfernung vom Ortskern behalten. Es geht also um die Erhaltung der Nahversorgung. Gegen den Vorschlag der Gemeinde opponierte schon im Januar 2010 die Region und Anfang Juni 2011 wurde das Vorhaben erneut im Planungsausschuss der Region abgelehnt. Interessanterweise konnte sich die Regionalverwaltung in ihrer Vorlage aber einen Standort im ebenfalls „nicht integrierten“ (also ortskernfernen) Tulpenweg vorstellen. Das verstehe, wer will.

Die Sitzung des Planungsausschusses mache die Realitätsferne mancher Diskussion in den regionalen Gremien offensichtlich: Die Sprecherin der Grünen im Ausschuss (aus dem Kreis Göppingen!) erklärte allen Ernstes, dass „im Vorfeld manche vorausschauende Planung nicht stattgefunden hat“. Die Grünen waren die einzige Fraktion, die nicht beim Vor-Ort-Termin in Löchgau dabei waren. Mangelnde Beschäftigung mit der Thematik und fehlende Ortskenntnis allein erklären diese Aussage. Die CDU brachte erneut die Ortsmitte ins Spiel für einen Markt kombiniert mit einem Parkhaus. Dass sich für ein solches Projekt mit geschätzten 4-5 Mio. Euro Baukosten wohl kein Investor findet und die Belieferung mit Groß-LKWs nicht organisierbar sei, versuchte Bürgermeister Möhrer den Ausschussmitgliedern schon vor Ort klar zu machen. Die reiten aber ihr Prinzip des „Integrationsgebots“ und erklären die Kommunalpolitiker vor Ort faktisch für unfähig. Mit einer solchen Haltung katapultiert sich die Region in die Rolle des arroganten und realitätsfernen Besserwissers. Nichts wäre den Löchgauern lieber als einen Standort für einen vergrößerten Markt im Ortskern zu finden. Wenn die mit den Gegebenheiten vor Ort vertrauten Kommunalpolitiker aber nach langem Suchen und Bemühen schweren Herzens zu dem Ergebnis kommen, dass man ins Gewerbegebiet ausweichen muss, sollte die Region dies akzeptieren. Die FDP hat deshalb als einzige Fraktion im Planungsausschuss 2010 und 2011 das Löchgauer Vorhaben unterstützt.
Kai Buschmann

Regionale Besserwisser gegen Löchgau

3 Kommentare zu „Regionale Besserwisser gegen Löchgau

  • 26. August 2011 um 12:57 Uhr
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    Der Artikel oben hat Wellen geschlagen: Am 25.6. berichtete die Bietigheimer Zeitung unter der Überschrift „Buschmann: Regionale Besserwisser gegen Löchgau“ über meine Auffassung zum Edeka in Löchgau. Am 29.6. sprach mir im Planungsausschuss der CDU-Sprecher deswegen eine Rüge aus („ein erstmaliges Geschehen in diesem Gremium“) und erhielt dafür die Unterstützung von SPD und Grünen. Durch diesen Artikel würden „Vorbehalte gegen die Region draußen“ bestärkt. Ich habe dies zurückgewiesen und nochmals meine Position dargestellt. Allein schon die Auffassung der CDU, dass sie Rügen verteilen dürfe, zeugt schon von einem fragwürdigen Selbstverständnis. Und der umgekehrte Gedanke kommt der Wahrheit wohl näher: Überhebliche Aussagen von Regionalräten im Planungsausschuss haben dazu beigetragen, Vorbehalte gegen die Region in Löchgau und Umgebung zu stärken.
    Am 19.8. berichtete die Stuttgarter Zeitung und am 20. und 24.8. die LKZ nun, dass das Regierungspräsidium dem Löchgauer Anliegen, den Edeka am nichtintegrierten Standort anzusiedeln, grundsätzlich zustimmt! Sieh an, sieh an! „Da die Grundstücke für eine Erweiterung des bestehenden Edeka in der Ortsmitte nicht zur Verfügung stünden, habe man die Pläne für den Ortsrand akzeptiert“, sagt das RP laut StZ. Löchgau müsse aber noch nachweisen, dass durch den Edeka keine Nachteile für Freudenthal entstünden. Das ist eine sinnvolle Auflage, denn Sitzungsvorlage 167/2011 des Planungsauschusses vom 1.6.11 kann man entnehmen, dass Löchgau zwar eine einzelhandelsbezogene Auswirkungsanalyse des Vorhabens bereits vorgelegt und nachgewiesen hat, dass das Kongruenzgebot (min. 70 % des Umsatzes am Standort) eingehalten wird. Beim Beeinträchtigungsverbot fällt dieses Gutachten bezüglich Freudenthal aber offensichtlich nicht präzise genug aus. Hier muss also nachgearbeitet werden. Mal sehen, ob die CDU in der nächsten Planungsausschusssitzung dem RP eine Rüge ausspricht.

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  • 31. August 2011 um 9:27 Uhr
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    Laut Bericht der LKZ vom 30.8.11 wurde durch die Ludwigsburger Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung das geforderte Gutachten bezüglich Freudental inzwischen vorgelegt. Ergebnis laut LKZ: „Standort Freudental wird nicht beeinträchtigt“.

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  • 14. September 2011 um 20:54 Uhr
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    Am 13.9.2011 berichtete die StZ unter der „Überschrift „Edeka kann kommen“, dass das Regierungspräsidium den Lebensmittelmarkt am Ortsrand genehmigt hat. Die von Löchgau vorgelegte Kaufkraftanalyse wurde akzeptiert.

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