Multikulti am eigenen Haus
Multikulti am eigenen Haus

Wer im Ausschuss für Umwelt und Technik Mitglied ist, sollte künftig ein Latinum nachweisen können. Die Unterlagen zu Bebauungsplänen haben es in sich: Da fordert das Landratsamt eine „avifaunistische Erhebung“ ein, soll heißen, dass der Vogelkundler das Gebiet begutachten muss. Im Umweltbericht zum Bebauungsplan „Rainwiesen II – 1. Planungsabschnitt“ wurden am 17.11.2009 Festsetzungen zur Grünordnung vorgeschlagen. Unter anderem müssen jetzt auch Fassaden von Gewerbegebäuden mit Kletterpflanzen begrünt werden, was ich richtig finde. Natürlich sorgt die gute deutsche Ordnung gleich für eine Liste zugelassener Pflanzen: Hedera helix (Efeu), Lonicera (Geißblatt), Clematis (Waldrebe) und Parthenocissus (Wilder Wein) sind allein erlaubt. Es darf nur „standortheimisches (autochthones) Pflanzmaterial und Saatgut der Region Süddeutsches Hügel- und Bergland verwendet“ werden. Die beliebte Wisteria (Glycinie) kommt in der Liste nicht vor. Sie kommt ja auch aus Ostasien und Nordamerika zu uns. Das ist Ausländerfeindlichkeit bei Pflanzen in Verordnungen gegossen. Nein, drücken wir es fachmännisch aus: Das ist Floraxenophobia! Und das im offenen 21. Jahrhundert! Da war die Republik in den fremdenfeindlichen Nachkriegsjahrzehnten ja liberaler: Pelargonium (Geranie) wurde zur Balkonpflanze schlechthin in der deutschen Kleinstadt und ziert seitdem die Fassaden, obwohl diese Pflanze aus Südafrika kommt! Heute undenkbar.

Floraxenophobia

6 Kommentare zu „Floraxenophobia

  • 18. November 2009 um 12:25 Uhr
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    Herr Buschmann, Sie zeigen kabarettistisches Talent.
    Vielen Dank für diesen Beitrag, der die Realsatire bürokratischer Regulierungswut humorvoll vorführt!

    Hab echt geschmunzelt!
    Holger Hägele

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  • 30. November 2009 um 11:48 Uhr
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    Hallo Herr Buschmann,
    Sie kennen bestimmt meinen Beitrag im FDP-Forum vom 25.11.2009, in dem ich u. a. geschrieben habe:
    In der gestrigen LKZ gesteht BM Melchior freimütig ein, dass im Wohngebiet Steige in NR „gegen die Bauvorschrift verstoßen wurde“. Wäre dieser Verstoß gegen den Bebauungsplan nicht auch einen Kommentar wert?
    Außerdem: Für das Verständnis des tatsächlich im DUDEN zu findenden Begriffs „Nahtoderfahrung“ braucht man zwar kein Latinum, stellt aber für den Normalsterblichen ein ungewöhnliches Wortungetüm dar, das allenfalls mit Bindestrich verwendet werden sollte (Nah-Toderfahrung/Nahtod-Erfahrung).

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  • 27. Juni 2011 um 20:12 Uhr
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    Am 25.6.2011 berichtete die LKZ, dass Ditzingen jetzt auf einem Kreisel norditalienische Palmen „Trachycarpus fortunei“ gepflanzt hat – in Remseck undenkbar!

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  • 18. September 2011 um 14:08 Uhr
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    Im Buch „Die Zukunft der Arten“ (2009) von Josef Reichholf kritisiert der Autor den Trend unter Biologen, die Globalisierungsangst auf die Natur zu übertragen. In Geo 10/2011, S.108f. fordert er, „endlich auf(zu)hören …, die Arten als fremd oder heimisch zu beurteilen“, fragt ketzerisch, ob es einmal so etwas wie einen „richtigen Naturzustand“ gab und schließt mit folgendem Satz: „Naturschützer, die nur die Einheimischen schützen wollen, sollten darauf achten, dass ihr Jargon nicht in allgemeine Fremdenfeindlichkeit abgleitet.“

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  • Pingback:Kai Buschmann » Sandufer – ecological correct

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