„Lieber Gott, verschon mein Haus, zünd andere an“ – diese Botschaft nennt man St.Floriansprinzip. CDU und Freie Wähler handeln beim Thema Windkraft in und um Remseck nach diesem Prinzip. Scheinheilig wird erklärt, wie wichtig regenerative Energie sei, aber man möge sie doch bitte weit weg von Remseck an Nord- und Ostsee erzeugen. Daher votierten beide Fraktionen jetzt im Rat bei einer Stellungnahme zum regionalen Vorranggebiet für Windkraft auf Waiblingen-Bittenfelder Gemarkung in der Nähe des Hochberger Wasserturms gegen dieses Vorhaben.

Ein Jahrzehnt lang haben die Grünen die Situation ausgenutzt, dass jeder mit dem Handy telefonieren möchte, aber sich gegen Mobilfunkantennen vor der eigenen Haustür immer der Bürgerprotest regt. Die Grünen haben sich an jede Bürgerinitiative gegen Masten gehängt und damit vor Ort Honig gesaugt. Jetzt möchten CDU und Freie Wähler in Remseck offensichtlich denselben Weg bei Windrädern gehen. Es lohnt sich, hier etwas genauer hinzusehen:

1. Die Argumentation, dass Windräder in den windreichen Norden gehören, zieht die nächsten 20 Jahre nicht. So lange wird es nämlich aller Wahrscheinlichkeit nach dauern, bis die Leitungen fertig gestellt sind, die den Strom vom Norden in den Süden transportieren. Baden-Württemberg hat bis zur Energiewende wie kein anderes Bundesland auf Atomstrom gesetzt. Da durch Sonne, Biomasse, Wasser und Erdwärme im Ländle keine nennenswerten Beiträge mehr zur Energiewende geleistet werden können, bleibt nur die Windenergie. Laufzeiten von Windrädern werden mit 20 bis 25 Jahre angesetzt, dann müssen sie abgebaut werden. Im nächsten Vierteljahrhundert werden wir nicht darum herum kommen, auch in Baden-Württemberg unseren Beitrag zur Stromerzeugung nach der Energiewende zu leisten. Erst danach wird der Offshore-Strom die dezentrale Energieerzeugung ersetzen. Wer diesen Weg blockiert, will entweder den Ausstieg aus dem Ausstieg aus der Atomenergie (auch durch Versorgung mit französischem Atomstrom) oder den Bau von neuen Kohlekraftwerken, was auch nach neuesten Technologiestandards nicht ohne erhebliche Umweltbelastungen geht und ebenfalls vor Ort massivste Widerstände erzeugen wird.

2. Auch wenn man in und um Remseck keine Windräder sehen möchte, war das Mehrheitsvotum des Rates gegen das Bittenfelder Windkraftgebiet falsch: Der Windkrafterlass des Landes schreibt vor, dass jede Kommune ein „kommunales Konzentrationsgebiet für Windkraft“ auf ihrer Gemarkung ausweisen soll. Ist so eine Zone ausgewiesen, ist der Rest der Gemarkung für Windräder tabu. Die FDP hatte schon im Januar fünf Monate vor der Veröffentlichung des Windkrafterlasses eine Untersuchung „Windkraft in Remseck“ im Rat beantragt. Hintergrund: Im Baugesetzbuch (BauGB) § 35 Abs. 3 Satz 3 ist die Privilegierung von Windkraftanlagen im Außenbereich geregelt. Diese ist nur aufgehoben, wenn im Regionalplan und/oder Flächenutzungsplan Vorranggebiete für Windkraftanlagen ausgewiesen sind. Wenn eine Kommune keinen Windkraftstandort in ihrem Flächennutzungsplan als Sondergebiet ausgewiesen hat, sind solche Anlagen automatisch im Außenbereich privilegiert. D.h. eine Errichtung auf Remsecks Gemarkung kann dann nicht mehr sinnvoll gesteuert werden. Wenn irgendein Landwirt einem Windradinvestor Grund und Boden zur Verfügung stellt, kann eine Genehmigung dann nicht einfach verweigert werden, sondern erfordert mühsame und schwierige Begründungen im Einzelfall, die u.U. nicht gelingen. Fälle von unerwünschten Bauten im Außenbereich, die aber wegen einer Privilegierung nach BauGB § 35 nicht verhindert werden konnten, haben wir in den vergangenen Jahren in Remseck schon gehabt.

Als die Verwaltung im Juli dann die Untersuchung der Remsecker Windkraftstandorte vorlegte, hat die FDP die Prüfung dieser Untersuchung durch den mit der Windkraftausweisung befassten Verband Region Stuttgart beantragt, was im Rat auch beschlossen wurde. Beim Bittenfelder Wasserturm gibt es nämlich auch auf Remsecker Gemarkung ein paar Hektar, die sich grundsätzlich für Windkraft eignen. Für die FDP ist eine „interkommunale Konzentrationszone für Windkraft Remseck-Waiblingen“ an dieser Stelle eine Option, die der Windenergieerlass des Landes vorsieht. Wenn der Gemeinderat jetzt den Waiblinger Standort ablehnt, bevor das Prüfergebnis der Region überhaupt vorliegt, verbaut er sich unnötig diese Möglichkeit. Zumal die geforderten Mindestabstände zu existierenden und potenziellen Aussiedlerhöfen eingehalten werden.

Fazit: Selbst als Gegner von Windrädern in und um Remseck sollte man dem Bittenfelder Standort nicht vorschnell widersprechen, denn selbst wenn ein Windkraftgebiet an dieser Stelle ausgewiesen würde, wäre es wegen der Windhöffigkeit am unteren Rand nicht sehr renditeträchtig und damit ist die Aufstellung eines Windrades schon von daher unwahrscheinlich. Außerdem hat der Landbesitzer in der Waiblinger Lokalpresse erklärt, dass er seinen Boden für ein Windrad nicht zur Verfügung stellen werde. Mit der Ausweisung dieser markungsübergreifenden Zone wäre das Thema auf dem Rest der Remsecker Gemarkung aber rechtssicher „gegessen“.

Die FDP Remseck wird daher in nächster Zeit einen Ausflug zum Ingersheimer Windrad organisieren, damit sich Remsecker einen Eindruck von regenerativer Energie vor Ort machen können.

 

St. Florian schlägt zu

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