Pipelineverlauf in der Region Stuttgart
Pipelineverlauf in der Region Stuttgart

Die Ethylen-Pipeline zwischen Ludwigshafen und Münchsmünster in Bayern, die auch auf 79 km durch die Region Stuttgart geführt werden soll, war am 21.10.2009 Thema im Planungsausschuss (Näheres zur Pipeline unter http://www.eps-pipeline.de/ ). Im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens hatte die Region schon 2006 zugestimmt. Jetzt ging es um das Rohrleitungsgesetz des Landes, das für den Fall eines sich verweigernden Grundstückseigentümers auch die Möglichkeit der Enteignung vorsieht. Auch dies passierte den Ausschuss einmütig. Die SPD hatte im Landtag kritisiert, dass dieses Gesetz nicht schneller auf den Weg gebracht wurde. Ich kann hierzu nur feststellen, dass es sehr gut ist, dass der Landesgesetzgeber sich Mühe gemacht hat. Schließlich garantiert Art. 14 des Grundgesetzes das Eigentum in Deutschland und lässt Enteignungen nur zu besonderen, im öffentlichen Nutzen liegenden Zwecken zu. Das neue Gesetz klärt wohlabgewogen, warum eine von der Privatwirtschaft gebaute Pipeline in öffentlichem Interesse ist und stellt sicher, dass in jedem Einzelfall mit jedem einzelnen Grundstückseigentümer das Vorliegen der Enteignungsvoraussetzungen zu prüfen ist.

Pipelineverlauf über Gemarkungen im Landkreis Ludwigsburg
Pipelineverlauf über Gemarkungen im Landkreis Ludwigsburg

Mich interessierte ein ganz anderes Thema: Ethylen ist Ausgangsstoff für die Erzeugung von Kunststoffen, die vor allem für Verpackungen und für Gehäuse im Maschinen- und Automobilbau Verwendung finden. Schon in der Sitzungsvorlage der Region von 2006 ist zu lesen, dass die Pipeline nicht nur die Verbindung zwischen den Chemieclustern Ludwigshafen und Münchsmünster herstellt, sondern auch eine „in der Region Stuttgart nutzbare Infrastruktureinrichtung“ sei. Auch in der Landtagsvorlage 2009 steht, dass entlang der Pipeline „eine Erhöhung der Attraktivität für die Neuansiedlung von Unternehmen aus den Bereichen Ingenieurdienstleistungen, Pipelineservices oder Kunststoffverarbeitung“ zu erwarten ist. Im Landkreis Ludwigsburg führt die Leitung über die Gemarkungen von Marbach, Steinheim, Murr, Pleidelsheim, Ingersheim, Löchgau, Besigheim, Bietigheim-Bissingen, Sachsenheim, Sersheim und Vaihingen/Enz. Nun orientiert sich die Pipeline aber aus Machbarkeitsgründen im Wesentlichen an der Trasse der vor 40 Jahren durch den Landkreis gelegten Transalpinen Ölleitung (TAL) und berücksichtigt die Lage von Industrie- und Gewerbegebieten im Nordraum des Landkreises gerade nicht, da es diese damals noch nicht gab. Besonders augenfällig ist dies im Fall von Sachsenheim. Hier verläuft die Trasse nördlich der Gemeinde. Das interkommunale Industrie- und Gewerbegebiet Eichwald, ein regionalbedeutsamer Schwerpunkt für die Industrieansiedlung, liegt aber südlich der Gemeinde in 3,5 km Entfernung.

Um diesen Widerspruch aufzulösen, schrieb ich die Betreibergesellschaft EPS Ethylen-Pipeline Süd an und erhielt folgende Auskunft: Unternehmen können vor Ort Anschlusspipelines bauen lassen. Diese müssen den technischen Anforderungen der EPS entsprechen und von den Interessenten finanziert werden. „Der Anschluss an die EPS-Pipeline ist unter diesen Voraussetzungen auch für ein neu anzusiedelndes Unternehmen im interkommunalen Gewerbe- und Industriegebiet Sachsenheim möglich“, teilt der Geschäftsführer mir mit. Da auch die großen Gewerbegebiete in Vahingen/Enz, Bietigheim-Bissingen, Besigheim und Murr in zwei bis vier Kilometer Entfernung liegen, sollte dieser Aspekt bei der Diskussion um die Pipeline nicht unter den Tisch fallen. Technische, verkehrliche und wirtschaftliche Großprojekte in unserer dichtbesiedelten Region werden in der öffentlichen Auseinandersetzung schnell einseitig unter Belastungsgesichtspunkten für die direkten Anrainer gesehen. Wir dürfen in dieser berechtigten Diskussion aber die Zukunftschancen dieser Projekte nicht aus den Augen verlieren. Also: Anzapfen möglich – O`zapft is!

O`zapft is!

2 Kommentare zu „O`zapft is!

  • 13. März 2010 um 16:45 Uhr
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    Am 6.3.2010 wurde Kai Göbel von der Beraterfirma Deloitte von der Stuttgarter Zeitung zur Pipeline interviewt:
    StZ: „Die Pipeline durchquert Gegenden, die sehr ländlich geprägt sind. Glauben Sie, dass man Vorteile der Leitung dort spüren wird?“
    Göbel: „Ich halte Unternehmensneuansiedlungen für wenig wahrscheinlich, welche die Pipeline anzapfen. Wichtiger ist, dass die Nachfolgeindustrien wie die Plastikbranche, Automobilhersteller und -zulieferer in der Fläche sitzen. Vor allem in Baden-Württemberg sind viele von der Verfügbarkeit der chemischen Vorprodukte abhängig.“
    Die Einschätzung zur Anzapfung bleibt abzuwarten. Die Argumentation von Deloitte ist widersprüchlich.
    Eine Stellungnahme der Verwaltung des Verbandes Region Stuttgart zur Anfrage der FDP-Regionalfraktion vom 7.11.2009 liegt bisher nicht vor. Damals hatte die FDP angefragt:

    1. Wie weit wurde durch den Verband Region Stuttgart beziehungsweise die Wirtschaftsförderungsgesellschaft der Region Stuttgart (WRS) schon geprüft, welche Firmen in den Kreisen Ludwigsburg und Rems-Murr in der Nähe der Trasse der geplanten Ethylen-Pipeline für einen Anschluss an die Pipeline in Frage kommen?

    2. Wurden bereits Gespräche mit Firmen in dieser Frage geführt? Gibt es schon Interessenten aus dem Bestand für einen Anschluss?

    3. Gibt es Anfragen für Neuansiedlungen aufgrund des Pipeline-Angebots?

    4. Wie stuft die Verbandsverwaltung beziehungsweise die WRS die mit dieser Pipeline verbunden wirtschaftlichen Möglichkeiten für die Region ein?

    Antworten

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